DT64 hat runden Geburtstag (Foto: brandenburg.museum-digital.de, Screenshot: RadioBlog.eu)
DT64 hat runden Geburtstag (Foto: brandenburg.museum-digital.de, Screenshot: RadioBlog.eu)

60 Jahre Jugendradio DT64

Am 15. Mai 1964 startete in Ost-Berlin ein Radioprogramm, das man drei Jahrzehnte später als Veranstaltungsfunk bezeichnet hätte. Anlässlich des Deutschlandtreffens der Jugend in Berlin gestaltete der Rundfunk der „DDR“ ein 99-Stunden-Programm mit der Bezeichnung Sonderstudio Deutschlandtreffen.

Der Veranstaltungsfunk war so erfolgreich, dass er eineinhalb Monate später als dauerhafte Sendung innerhalb des Programms des Berliner Rundfunks fortgesetzt wurde. Schließlich war das „die“ Gelegenheit für den Rundfunk in der „DDR“, ein Programm zu etablieren, das vom Publikum auch angenommen wurde.

Aus dem Sonderstudio Deutschlandtreffen war das Jugendstudio DT64 geworden. Es folgte „Hallo – das Jugendjournal“ als Pendant bei Stimme der „DDR“. Anfang der 80er Jahre begann der Rundfunk der „DDR“, für die Jugendsendungen eine eigene Senderkette zu etablieren.

DT64-Sendernetz Stand 1990 (Foto: meindt64.de, Screenshot: RadioBlog.eu)
DT64-Sendernetz Stand 1990 (Foto: meindt64.de, Screenshot: RadioBlog.eu)

Von „Hallo und DT auf UKW“ zum Jugendradio DT64

„Hallo und DT auf UKW“ nannte sich die aus Sendungen von Berliner Rundfunk und Stimme der „DDR“ zusammengestellte Jugendwelle. Als diese plötzlich auf die UKW-Frequenz 102,2 MHz am Standort Inselsberg sowie kurze Zeit später auch auf 102,7 MHz am Bleßberg bei Sonneberg aufgeschaltet wurde, reichten die Wellen auch bis zu mir nach Obertshausen.

Ein Programm aus der „DDR“, das war für mich als „Wessi“ regelrecht exotisch. Und dann spielten die Jungs und Mädels auch noch richtig gute Musik, in „Duett -Musik für den Recorder“ sogar ganze LP-Seiten zum Mitschneiden. Im Westen wäre die GEMA auch damals schon Amok gelaufen. Für mich war das mit ein Grund dafür, dass ich zum Stammhörer wurde.

Am 7. März 1986, werbewirksam zum 40. Jahrestag der Freien Deutschen Jugend (FDJ), wurde das Sammelsurium aus Sendungen mehrerer Programme ganz offiziell zu einem eigenständigen Sender: An diesem Tag fiel um 13 Uhr der Startschuss für Jugendradio DT64. Ich war live am Radio dabei, den Mitschnitt gibt es heute noch.

"Power from the Eastside" in der Wendezeit (Foto: power-von-der-eastside.de, Screenshot: RadioBlog.eu)
„Power from the Eastside“ in der Wendezeit (Foto: power-von-der-eastside.de, Screenshot: RadioBlog.eu)

Kultradio in der Wendezeit

Als DT64 in der Wendezeit um 1989/90 zum Kult wurde, war mir das Programm schon seit Jahren vertraut. Im Laufe der Zeit wurde die Sendezeit ausgebaut. Wurde anfangs nur von 13 bis 24 Uhr gesendet, kam später der „Morgenrock“ dazu. Am 1. Mai 1990 wurde auch die Nachtlücke geschlossen – „weil umschalten nervt“, wie DT64 damals warb.

Mitbekommen hatte ich die handstreichartige Abschaltung aller Frequenzen außerhalb von Berlin-Brandenburg. An jenem Freitagabend war ich zu Hobbyfreund Lothar Deininger nach Leipzig unterwegs. Nicht nur ich war wütend, als sich um 18 Uhr RIAS 1 auf den DT64-Frequenzen zu Wort meldete, um über „Berliner Festwochen“ zu berichten.

Die Proteste der Hörer waren so stark, dass die Übernahme der DT64-Frequenzen durch den Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS) nach 24 Stunden wieder zurückgenommen wurde. Einzig die Mittelwellenfrequenz 657 kHz wurde nicht mehr mit dem Programm des Jugendradios bespielt.

Aus DT64 ging MDR Sputnik hervor (Foto: MDR)
Aus DT64 ging MDR Sputnik hervor (Foto: MDR)

Von DT64 zu MDR Sputnik

Mit dem Ende der „DDR“ kam auch das Aus für deren Rundfunk. Der Mitteldeutsche Rundfunk führte DT64 fort, stand aber ohne UKW-Frequenzen für das Programm da. Die bislang genutzten Kanäle gingen an den Privatfunk. Der MDR strahlte das Jugendradio vorerst auf Mittelwelle aus – und viele Hörer blieben trotz der vergleichsweise miesen Übertragungsqualität dabei.

Als neue Lösung wurde DT64 auf Satellit aufgeschaltet. Dazu kam eine UKW-Frequenz in Halle/Saale. Aber auch der Name musste weg. Aus Jugendradio DT64 wurde MDR Sputnik. Anfangs änderte sich am Programm nicht viel. Im Laufe der Jahre veränderte sich das Format. Heute klingt MDR Sputnik ähnlich wie andere ARD-Jugendwellen. Gesendet wird nun auch wieder im gesamten MDR-Sendegebiet terrestrisch – DAB+ sei Dank.

Ich bin stolz darauf, über Jahre als freier Mitarbeiter für den „DX 64 Club“, später „DX Sputnik Club“ gearbeitet zu haben. DT64 war eines der besten Jugendradios, die wir in Deutschland je hatten. Man könnte sagen, das Programm ist heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Aus meiner subjektiven Sicht ist das tatsächlich so. Allerdings gehöre ich ja nun schon lange zur… nennen wir es mal „reiferen Jugend“. Damit gehöre ich freilich nicht zur Zielgruppe. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Möge MDR Sputnik noch viele weitere Jahre auf Sendung bleiben.

Sendestart Sonderstudio Deutschlandtreffen im Video

Quelle: YouTube-Kanal von Jörg Wagner